Der Welttag der Patientensicherheit, der jährlich am 17. September begangen wird, ist ein globales Ereignis, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen wurde. Ziel dieses Tages ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung der Patientensicherheit zu schärfen, die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Gesundheitsinstitutionen und der Zivilgesellschaft zu fördern und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Risiken im Gesundheitswesen zu minimieren. Das Motto des Welttages der Patientensicherheit variiert von Jahr zu Jahr, jedoch bleibt der Kern derselbe: Patienten müssen in einer sicheren und fürsorglichen Umgebung behandelt werden.
Hintergrund und Entstehung
Die Patientensicherheit ist ein grundlegender Bestandteil des Gesundheitswesens, wurde jedoch lange Zeit nicht ausreichend thematisiert. Im Jahr 2019 rief die WHO offiziell den Welttag der Patientensicherheit ins Leben. Dieser Schritt war eine Reaktion auf die besorgniserregenden Statistiken, die auf zeigten, dass jährlich weltweit Millionen von Menschen durch medizinische Behandlungsfehler und vermeidbare Risiken geschädigt werden. Die WHO schätzt, dass jährlich etwa 2,6 Millionen Menschen allein in Entwicklungsländern infolge unsicherer Behandlungen sterben.
Ziel des Welttages ist es, auf die Dringlichkeit der Verbesserung der Patientensicherheit aufmerksam zu machen und das Engagement aller relevanten Akteure zu verstärken. Diese beinhalten:
- Regierungen
- Gesundheitseinrichtungen
- Fachkräfte im Gesundheitswesen
- Patientenorganisationen
- Die allgemeine Bevölkerung
Wichtige Fakten zur Patientensicherheit
Patientensicherheit umfasst eine Reihe von Maßnahmen und Strategien, die darauf abzielen, Patienten vor Schäden zu schützen, die durch Behandlungsfehler oder andere vermeidbare Vorfälle verursacht werden. Hier einige wichtige Punkte:
- Medikamentenfehler
- Falsch verschriebene oder verabreichte Medikamente gehören zu den häufigsten Fehlerquellen im Gesundheitswesen. Dies kann von Dosierungsfehlern bis hin zu Wechselwirkungen zwischen Medikamenten reichen.
- Chirurgische Fehler
- Unzureichende Kommunikation, schlechte Vorbereitung oder technische Fehler während operativer Eingriffe können schwerwiegende Folgen für den Patienten haben.
- Infektionen
- Nosokomiale Infektionen, die durch Krankenhausaufenthalte entstehen, gehören weltweit zu den größten Risiken für Patienten. Eine schlechte Hygiene oder unzureichende Desinfektion erhöhen das Risiko erheblich.
- Diagnosefehler
- Falsch oder verspätet gestellte Diagnosen können zu unnötigen Behandlungen, einer Verschlechterung der Erkrankung oder sogar zum Tod führen.
- Kommunikationsprobleme
- Missverständnisse oder Lücken in der Kommunikation zwischen Patienten, Ärzten und Pflegepersonal sind ebenfalls eine häufige Fehlerquelle, die negative Auswirkungen auf die Versorgung haben kann.
Ziele und Themen des Welttages der Patientensicherheit
Der Welttag der Patientensicherheit hat jedes Jahr ein spezifisches Thema, das die WHO und ihre Partner ins Zentrum ihrer Kampagnen stellen. Diese Themen reflektieren die aktuellen Herausforderungen und Schwerpunkte in der globalen Gesundheitspolitik. Einige der bisherigen Schwerpunktthemen umfassten:
- Sicherheitskultur im Gesundheitswesen
- Die Notwendigkeit, eine Kultur zu schaffen, in der die Sicherheit des Patienten oberste Priorität hat und in der Fehlerquellen systematisch erkannt und beseitigt werden.
- Sichere medikamentöse Versorgung
- Ein Aufruf, den Zugang zu sicher verschriebenen und richtig verabreichten Medikamenten zu verbessern und Fehler im Umgang mit Medikamenten zu minimieren.
- Engagement der Patienten
- Patienten sollen aktiv in den Behandlungsprozess einbezogen werden, um ihre Sicherheit zu erhöhen. Ein informierter Patient ist oft ein sichererer Patient.
Das Thema des Welttages 2023 lautete beispielsweise „Engagierte Patienten für mehr Sicherheit“, was betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitspersonal und Patienten ist, um Risiken zu minimieren und Behandlungsfehler zu vermeiden.
Herausforderungen und Handlungsfelder
Obwohl das Bewusstsein für die Patientensicherheit weltweit gestiegen ist, gibt es noch viele Hindernisse, die überwunden werden müssen. Zu den größten Herausforderungen gehören:
- Mangelnde Ausbildung und Ressourcen
- Besonders in Entwicklungsländern fehlt es oft an adäquater Schulung des Gesundheitspersonals und an technologischen Ressourcen, um eine sichere Behandlung zu gewährleisten.
- Überlastetes Personal
- Überarbeitete und unterbesetzte Teams im Gesundheitswesen erhöhen das Risiko für Fehler. Dies betrifft sowohl die Pflegekräfte als auch Ärzte und andere Gesundheitsexperten.
- Fehlende Kommunikationsstrukturen
- Ein ineffizienter Informationsfluss zwischen den verschiedenen Abteilungen und Akteuren im Gesundheitssystem kann leicht zu Missverständnissen und Fehlern führen.
- Technologische Herausforderungen
- Die Einführung neuer Technologien birgt das Potenzial für Verbesserungen, gleichzeitig aber auch die Gefahr von neuen Fehlerquellen, wenn das Personal nicht ausreichend geschult ist.
- Widerstand gegen Veränderungen
- In vielen Gesundheitseinrichtungen besteht Widerstand gegen neue Prozesse und Technologien. Eine „Das haben wir schon immer so gemacht“-Mentalität kann notwendige Fortschritte in der Patientensicherheit bremsen.
Initiativen zur Verbesserung der Patientensicherheit
Die Weltgesundheitsorganisation sowie viele nationale Gesundheitsbehörden haben eine Reihe von Initiativen gestartet, um die Patientensicherheit zu verbessern. Einige dieser Initiativen beinhalten:
- Checklisten für medizinische Eingriffe
- In vielen Kliniken werden standardisierte Checklisten verwendet, um sicherzustellen, dass vor, während und nach einem Eingriff alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen beachtet werden.
- Schulungen für medizinisches Personal
- Regelmäßige Fortbildungen und Sensibilisierungsprogramme sollen das Personal im Umgang mit neuen Risiken und Technologien schulen.
- Förderung der Patientenaufklärung
- Durch Informationskampagnen und direkte Beratung werden Patienten ermutigt, Fragen zu stellen, ihre Symptome klar zu beschreiben und aktiv am Behandlungsprozess teilzunehmen.
- Verbesserung der Infrastruktur
- In vielen Ländern werden gezielt Mittel eingesetzt, um die hygienischen und technischen Standards in Krankenhäusern zu erhöhen, damit das Risiko von Infektionen und Fehlern reduziert wird.
- Einsatz von Technologien
- Elektronische Patientenakten, automatisierte Dosiersysteme und KI-basierte Diagnosewerkzeuge sind nur einige Beispiele für Technologien, die die Patientensicherheit erhöhen können.
Institutionen in Deutschland
In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Organisationen, die sich mit dem Thema Patientensicherheit befassen und Initiativen zum Schutz und zur Verbesserung der Sicherheit von Patienten ergreifen. Hier sind einige der wichtigsten Organisationen und Institutionen:
Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS)
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) ist eine der zentralen Organisationen in Deutschland, die sich für die Förderung der Patientensicherheit einsetzt. Gegründet 2005, ist das APS eine gemeinnützige Organisation, die das Ziel verfolgt, das Thema Patientensicherheit auf nationaler Ebene zu verankern und systematische Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung anzuregen.
Die Schwerpunkte der Arbeit des APS umfassen:
- Entwicklung und Verbreitung von Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Patientensicherheit, wie z. B. die Verwendung von Checklisten oder Sicherheitsstandards in Krankenhäusern.
- Sensibilisierung der Öffentlichkeit: Das APS organisiert regelmäßig Veranstaltungen und Kampagnen, um das Bewusstsein für Patientensicherheit in der breiten Bevölkerung und im Gesundheitswesen zu stärken.
- Forschung und Wissensvermittlung: Das APS unterstützt Forschungsprojekte zur Patientensicherheit und stellt Leitlinien sowie praxisorientierte Handlungsanweisungen zur Verfügung.
Das APS arbeitet eng mit anderen nationalen und internationalen Organisationen zusammen, um innovative Lösungen für Sicherheitsprobleme im Gesundheitswesen zu finden und umzusetzen.
Bundesärztekammer (BÄK)
Die Bundesärztekammer (BÄK) spielt eine wichtige Rolle im Bereich der Patientensicherheit, indem sie Richtlinien und Standards für die ärztliche Praxis entwickelt und verbreitet. Sie setzt sich für die kontinuierliche Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten ein, um die Qualität und Sicherheit der medizinischen Versorgung zu gewährleisten.
Die BÄK arbeitet eng mit dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) zusammen, das eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Qualitätsstandards und der Patientensicherheit einnimmt. Zu den wichtigsten Aufgaben des ÄZQ gehören:
- Erstellung von Leitlinien für eine sichere und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung.
- Fortbildung im Bereich der Patientensicherheit für medizinisches Personal.
- Forschung und Beratung zur Verbesserung von Sicherheitsstandards in der ärztlichen Praxis.
Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ)
Die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) ist eine Fachgesellschaft, die sich auf die Förderung von Qualität und Sicherheit in verschiedenen Branchen, einschließlich des Gesundheitswesens, konzentriert. Im Bereich der Patientensicherheit unterstützt die DGQ Initiativen zur Qualitätsverbesserung in Gesundheitseinrichtungen und fördert Schulungen und Fortbildungen für Gesundheitsdienstleister.
Patientenbeauftragte der Bundesregierung
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung spielt eine wichtige Rolle im Schutz der Rechte von Patienten und fördert die Sicherheit und Qualität der medizinischen Versorgung in Deutschland. Diese Institution arbeitet daran, die Interessen von Patientinnen und Patienten zu vertreten, und setzt sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen ein. Dies geschieht durch:
- Beratung und Information zu den Rechten der Patienten.
- Förderung von Initiativen zur Patientensicherheit und -aufklärung.
- Zusammenarbeit mit anderen Organisationen zur Erhöhung der Patientensicherheit.
Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist ein zentraler Akteur im Bereich der Patientensicherheit, da sie die Interessen von Krankenhäusern und deren Qualitätssicherung vertritt. Die DKG setzt sich dafür ein, dass in Krankenhäusern umfassende Maßnahmen zur Gewährleistung der Patientensicherheit implementiert werden. Dazu gehören:
- Qualitätssicherungssysteme
➜ Die DKG unterstützt Krankenhäuser dabei, Systeme zu implementieren, die die Einhaltung von Sicherheitsstandards garantieren. - Schulungen für Mitarbeiter
➜ In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen fördert die DKG die Fort- und Weiterbildung des medizinischen Personals im Bereich der Patientensicherheit.
Techniker Krankenkasse (TK) – Projekt „Sicherheitskultur im Gesundheitswesen“
Die Techniker Krankenkasse (TK) hat das Projekt „Sicherheitskultur im Gesundheitswesen“ ins Leben gerufen, das sich aktiv für eine verbesserte Sicherheitskultur in Krankenhäusern und Praxen einsetzt. Ziel dieses Projekts ist es, systematische Fehlerquellen zu identifizieren und Präventionsstrategien zu entwickeln.
Die TK fördert in diesem Zusammenhang sowohl die Patientensicherheit als auch die Arbeitssicherheit von Gesundheitsdienstleistern. Darüber hinaus gibt es gezielte Aufklärungskampagnen und Informationsangebote für Patienten, um sie stärker in den Behandlungsprozess einzubeziehen.
Gesundheitsministerien auf Bundes- und Landesebene
Auf politischer Ebene engagieren sich die Gesundheitsministerien von Bund und Ländern ebenfalls stark für die Verbesserung der Patientensicherheit. Dabei liegt der Fokus auf der:
- Schaffung von Rahmenbedingungen für sichere und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung.
- Unterstützung von nationalen und internationalen Kampagnen, wie dem Welttag der Patientensicherheit.
- Finanzierung von Forschungsprojekten zur Identifikation und Beseitigung von Risiken im Gesundheitswesen.
IQTIG – Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen
Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) ist eine weitere Schlüsselorganisation, die zur Verbesserung der Patientensicherheit in Deutschland beiträgt. Es wurde 2015 gegründet und ist verantwortlich für die Entwicklung und Implementierung von Qualitätsindikatoren, mit denen die Leistung von Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen bewertet werden kann.
Das IQTIG entwickelt wissenschaftlich fundierte Methoden, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu messen und dadurch die Patientensicherheit zu erhöhen.
Fazit
Der Welttag der Patientensicherheit dient als wichtiger Weckruf für alle Beteiligten im Gesundheitswesen. Er unterstreicht die Notwendigkeit, weltweit stärker in die Sicherheit der Patienten zu investieren. Zwar wurden in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, aber es gibt noch viel zu tun. Nur durch internationale Zusammenarbeit, das Engagement der Patienten und kontinuierliche Innovation kann das Gesundheitswesen so sicher wie möglich gestaltet werden. Der Tag soll nicht nur als Gedenktag, sondern als Anlass für konkrete Maßnahmen verstanden werden, um jedes Jahr die Gesundheitsversorgung ein Stück sicherer zu machen.
Quellen
- Weltgesundheitsorganisation (WHO), 2019. World Patient Safety Day 2019: WHO campaign launched to enhance global understanding of patient safety, increase public engagement in the safety of health care, and promote actions to improve patient safety. [online] Verfügbar: https://www.who.int/news-room/feature-stories/detail/world-patient-safety-day-2019 [Abgerufen: 16 September 2024].
- World Health Organization (WHO), 2023. World Patient Safety Day 2023: Engaging Patients for Patient Safety. [online] Zugriff: https://www.who.int/news-room/events/detail/2023/09/17/default-calendar/world-patient-safety-day-2023 [Abgerufen: 16 September 2024].
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